Der TSV Lindau darf sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder über Zuwachs freuen. Fast schon Tradition hat es, dass sich Spieler mitten in der Saison dem Handballteam der Inselstädter anschließen – und diese wurde nun von Moritz Pieper fortgesetzt. Der 26-jährige Rückraumspieler trainiert seit Anfang November mit und absolvierte am vergangenen Samstagabend sein erstes Spiel für Lindau in der Handball-Bezirksoberliga. Und zwar nicht irgendeines. Er feierte sein Debüt im Derby bei der HSG Friedrichshafen-Fischbach und durfte zum Einstand mit seinem neuen Team einen 28:27 (14:13)-Auswärtssieg bejubeln.
Er und seine Teamkollegen wussten, was sie in der Bodenseesporthalle in Friedrichshafen erwartet. In der Vorwoche scoutete Lindau den Gegner beim 36:22-Heimsieg gegen die SG Ulm-Wiblingen. Der TSV sah sich in der „Underdogrolle“, meinte Pieper und führte dabei sowohl die jüngsten HSG-Ergebnisse als auch die Verletzten an.
Ausgebildet bei einem Bundesligisten
Sein Einsatz half Lindau, das Spiel trotz angespannter Personalsituation für sich zu entscheiden. Pieper genoss eine Ausbildung beim TBV Lemgo – im Nachwuchs des Bundesligisten spielte er von der C- bis zur A-Jugend. Zwar reichte es für ihn im Männerbereich nicht für die erste Liga, beim TuS Jöllenbeck und dem HC Weiden war er in Nordrhein-Westfalen aber immerhin in der vierthöchsten Spielklasse aktiv.
In Aachen studierte der gebürtige Lemgoer Wirtschaftsingenieurwesen, wegen der Region und dem neuen Job bei der BPM zog es ihn an den Bodensee. Dass er beim TSV Lindau anheuern wird, war für ihn sofort klar – denn auch sein Patenonkel Reinhard George hat mal für den heutigen Handball-Bezirksoberligisten gespielt. Bei den Inselstädtern ist er sehr gut aufgenommen worden, insbesondere von Simon Wiedrich.
Pieper braucht nur eineinhalb Minuten für sein erstes Tor
Wegen eines Auslandssemesters in Rom war er nun eineinhalb Jahre raus. Nichtsdestotrotz erzielte Pieper nach nur einer Minute und 29 Sekunden sein erstes Tor im Lindauer Trikot. Es war das 2:1, am Ende traf der 26-Jährige fünfmal. Gecoacht vom Ex-Profi Jörg Lützelberger gewannen die Lindauer die spannende Partie knapp mit 28:27. „Wir haben eine etwas ältere Truppe, da spielt die Routine auch mit rein, dass wir so ein Spiel runterspielen können“, sagte Pieper.
Unter anderem sprach er damit Robert Broszio an, der sich nach seiner Verletzungspause wieder zurückmeldete und mit acht Treffern viel Verantwortung übernahm. Als er zum Ende der zweiten Halbzeit in Manndeckung genommen worden ist, haben sich andere Spieler wie der junge Rechtsaußen Moritz Miller hervorgetan. „Es ist umso schöner, wenn A-Jugendliche bei Personalmangel in die Bresche springen“, sagte Pieper.
Für ihn und die Lindauer steht als Nächstes erneut ein Derby an. Der TSV gastiert am Samstagabend um 18 Uhr beim TSB Ravensburg. Pieper macht die Bezirksoberliga Spaß. „Ich bin positiv überrascht. Friedrichshafen hatte gutes Niveau und Tempo“, lobte Pieper.
Allen voran Elias Rebstein zeigte bei der HSG seine hohe Qualität. Zwölfmal war Rebstein erfolgreich und leistete einen großen Beitrag, dass die Häfler Handballer nach 38 Minuten mit 19:16 führten. Und es wären wohl noch viel mehr Treffer geworden, wenn ihn seine Knöchelverletzung nicht eingeholt hätte. Nach einer Behandlungspause inmitten der zweiten Halbzeit kehrte er wieder aufs Feld zurück, verletzte sich aber mit Fremdeinwirkung nach seinem Tor zum 25:25 (54.) und konnte nicht mehr weitermachen. Ohne ihn verlor Friedrichshafen-Fischbach.
„Das hat schon wehgetan“, gestand HSG-Trainer Andreas Rohrbeck. Auch, dass sich Lukas Jörger wegen einer Wadenverletzung nach einer Viertelstunde verabschiedete, war für die Blisshards nicht förderlich. „Für mich war aber ausschlaggebend, dass wir immense Fehler gemacht haben. Der Spielaufbau, die Pass- und Fangqualität waren nicht auf dem Niveau der letzten Wochen“, sagte Rohrbeck. Am Ende scheiterten die Gastgeber zudem einige Male an Lindaus Torwart Jens Ellermann.
Für Rohrbeck betrieb Lindau teilweise ein „passives“, fast schon regelwidriges Spiel. Zum Schluss kassierte Frederik Braunmiller aus seiner Sicht zudem eine zu harte Zwei-Minuten-Strafe, aber das waren für ihn auch nur Begleitumstände. Die eigene Leistung passte nicht ganz – da gilt es in erster Linie anzusetzen.
Männerhandball-Bezirksoberliga: HSG Friedrichshafen-Fischbach – TSV Lindau 27:28 (13:14). – Schiedsrichter: Andreas Serafini (TSG Ailingen) – HSG: Pietsch, Bauer (beide Tor); Rebstein (12 Tore, 2 Siebenmeter/1 Tor), Ksobiak, Dreher (2), Leichtle (2), Westerholt (1), Jörger, Dittmann, Braunmiller, A. Müller (4, 1/1), Keller (1), Mohr (1), Kotnik (4) – TSV: Ellermann, Steppan (beide Tor); Bräu (1), Hadrich (1, 1/0), Stausberg, Haller (6, 4/2), Steder, Wiedrich, Grauer (1/0), Broszio (8), Pieper (5), Richter, Seidel (3), Miller (4)